Mark Benecke am 03. November in der Fabrik

Willkommen bei Cluedo – Ein Abend mit Mark Benecke

Mark Benecke ist ein Meister der Kuriositäten und lässt sein Publikum regelmäßig daran teilhaben – ob als Mitglied der berühmt berüchtigten Partei Die Partei, als Künstler oder in seiner wohl bekanntesten Funktion als Koryphäe der Kriminalbiologie. Im Zuge seiner Vortragsreihen, mit denen er Jahr für Jahr auch Nicht-Wissenschaftlern Einblicke in die Welt von Leichen, Käfern & Co. gewährt, besuchte er im Oktober auch die Hamburger Fabrik. Was wir an diesem Abend zu hören bekamen, glich einer Cluedo-Partie: Wer beging den Mord in einem geschlossenen Raum?

Photo by Annie Bertram

Eigentlich ist es ein bisschen so, wie mit einem guten Freund über die Fotos des letzten Urlaubstrips zu plauschen. Man folgt gebannt seinen Erzählungen und lacht über die Anekdoten, mit denen er die Schnappschüsse untermalt. Das funktioniert auch mit über 450 Leuten in der ausverkauften Fabrik in Hamburg, wie Kriminalbiologen Mark Benecke am 03. November zum wiederholten Male bewies. Seit 2015 gastiert er mit seinen Programmen in der industriell gestalteten Location in Ottensen und präsentiert wahre Geschichten aus der Sicht von jemandem, der statt großer Explosionen und viel Getöse auch die kleinen feinen Tatortspuren schätzt, mögen sie auf den ersten Blick noch so unbedeutend erscheinen.

Diese Vorliebe kann zu erstaunlichen Ergebnissen führen und auf solche hoffte man auch im dargelegten Fall. Er gehört von den Veranstaltungen aus dem Beneckeschen Repertoire zu den weniger expliziten: Bei „Mord im geschlossenen Raum“ gibt es keine auf Bild gebannten Leichen. Nicht einmal Käfer sind vertreten, obwohl die Krabblervorliebe des leidenschaftlichen Entomologen weithin bekannt ist. Dafür gibt es eine Menge dörflich rustikaler Einrichtung und eifrig nach Hinweisen suchender Aushilfs-Studenten zu sehen, untermalt von Beneckes ausführlichen Erzählungen. Die Untersuchungen, die er und sein Team vornahmen, fanden erst sechs Jahre nach dem Mord statt – was nicht bedeuten muss, dass es nichts mehr zu entdecken gibt.

Was war damals geschehen?
Wir erfahren, dass eine ältere Dame getötet wurde. War es die Tochter mit dem Messer in der Küche? Angeblich ja, das wäre immerhin das Naheliegendste. Es werden Spuren gesichert, die Schlüsse in andere Richtungen zulassen, manche davon auf recht kuriose Art. Was die Dorfgemeinschaft angeht, so könnte sie dem Klischee der misstrauischen Eigenbrödler nicht mehr entsprechen. Das Biologen-Team sammelt und sucht. Und am Ende kommt es zu Ergebnissen, die das Publikum so vermutlich nicht erwartet hat. Neben Leichen, Käfern und Tatortspuren gibt es schließlich noch andere Elemente, die den Erfolg einer solchen Ermittlung entscheidend bestimmen.

Als einer der bekanntesten Kriminalbiologen der Welt, der unter anderem in Krimi-Dokus wie Medical Detectives sein Expertenwissen teilt, und erfolgreicher Autor ist Benecke ein Meister seines Fachs. Er rauscht durch seine Erzählungen und schlägt dabei so viele inhaltliche Haken, dass es an manchen Stellen erstaunlich ist, dass er trotzdem nicht den Faden verliert – und dabei vermeintlich eine zeitliche Punktlandung an genau der Stelle hinlegt, die er dafür ersehen hat. Wer diese Fähigkeit selbst noch ausbauen muss oder auf die Hamburger Bahnen angewiesen ist, hat daher eventuell Pech, so wie wir an diesem Abend: Ein Zug Verspätung, schon sind die Türen geschlossen und die erste Hälfte der Veranstaltung findet ohne die Nachzügler statt. Der Zeitplan ist eben fix – durchgetaktet bis zur 23:23 Minuten langen Pause.

Doch Markitos Redegwandheit macht uns den späten Einstieg erstaunlich leicht. Nachdem wir uns in den Saal schleichen konnten, die Klänge der Mera-Luna-Playlist und das Glöckchen, das den aufgeregten Fans zeigt, wann sich die nächsten Wartenden mit Benecke von seiner Frau Ines ablichten lassen dürfen, verstummt sind, geht es rasch weiter im Text. Die Atmosphäre ist, wie viele bei einem wissenschaftlichen Thema wahrscheinlich nicht erwarten, sehr locker, auch wenn die letzten tapferen Teilnehmer tatsächlich im hinteren Bereich der Halle stehen müssen. Einwürfe der Zuschauer werden aufgenommen und bieten Möglichkeiten für weitere Exkurse. Wer einen besonders schlauen Beitrag bringt, bekommt schon mal ein Belohnungs-Knicklicht. Am Ende ist das Publikum begeistert und Benecke scheint zufrieden. Auch im nächsten Jahr wird er wieder die Fabrik besuchen. Wer an dem wissenschaftlichen Spektakel teilnehmen will, muss allerdings auf Fortuna hoffen: Die Veranstaltung ist bereits ausverkauft.

Photo by Ines Benecke

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