Neues Hamburg-Musical

Aus, aus, das Spiel ist aus – Das Wunder von Bern wird das vierte Hamburger Stage-Muscial

Baustaub schwebt einem entgegen, als man auf steinernen Treppen den aufgereihten Klappstühlen entgegenschreitet. „Wir befinden uns noch im Rohbau“, erklärt Pressesprecher Stephan Jäckel lachend den provisorischen Zuschauersaal. Doch bereits im November soll es genau hier zur Premiere des neuen Stückes kommen. Bis zu 1850 Gäste werden auf den gewohnt stageroten Sitzen Platz nehmen, um eine Weltpremiere zu genießen. „Das Wunder von Bern“, das schon als Film die Massen begeisterte, wird das Theater an der Elbe einweihen. Der Titel galt schon im Vornherein als Favorit. Wie es umzusetzen ist, konnten sich bisher allerdings die wenigsten vorstellen.

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Das neue Theater an der Elbe

Welche Überlegungen machen sich Musicalproduzenten, wenn Sie ein neues Theater errichten? Natürlich – Eine Menge. Ein eigener Bau in einer Stadt, die schon mit drei erfolgreichen Spielstätten ausgestattet ist, ist nichts Alltägliches. Vor allem nicht, wenn schon am Anfang Hinweise auf eine Deutschland- oder sogar Weltpremiere gegeben werden. Die Gerüchteküche brodelte und brach letztendlich in Form eines Artikels der BILD-Zeitung hervor. „Aladdin wird das neue Hamburg-Musical“ hieß es am 15. Oktober 2013 und schubste den ersten Favoriten ins Licht der Öffentlichkeit. Wer auch immer kurz darauf mit dem Wunder von Bern konterte; er oder sie gab eine Prognose ab, die für gespaltene Meinungen sorgte. Noch ein Sport-Musical? Singende Fußballer? Zweifler trafen auf Optimisten. Und der Geheimtipp schlich sich subtil durch Gesprächsrunden, auch vor Beginn der Pressekonferenz.

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Die Verkündung des Premierenstücks

Das Geheimnis soll an diesem Tag nicht mehr lange eines bleiben. Julia Westlake, Moderatorin des NDR-Kulturjournals, führt die Anwesenden durch die Episoden des Theaterbaus. Während Olaf Scholz das Engagement aller Beteiligten lobt und Hamburg als Musical-Stadt hervorhebt, ist es bereits die zweite Rednerin Uschi Neuss, Geschäftsführerin von Stage Entertainment Deutschland, die den Titel in Form einer riesigen Projektion verrät. „Es ist ein großes Ereignis für Deutschland gewesen. Es zeigt Gefühle, Stolz und die Geschichte einer Familie“, begründet sie die Wahl.
Auch Theaterbesitzer und StageEntertainment-Gründer Joop van den Ende pflichtete ihr bei. „I was touched. I had such an emotional afternoon when I saw the story, a german story, told by a father and his son.“ Er stelle sich schon jetzt vor, wie die Menschen Tickets kauften, um eine einzigartige Show zu erleben. „It’s a big responsibility.“ Daher sei es umso wichtiger, ein starkes Team planen zu lassen.

Theaterbesitzer und Stage-Vorstand Joop van den Ende
Theaterbesitzer und Stage-Vorstand Joop van den Ende

Um dies zu ermöglichen, musste Michael Hildebrandt, Director of Strategy & Development, allerdings erst die Genehmigung einholen; von keinem Geringeren als Filmemacher Sönke Wortmann, einem bekennenden Musical-Muffel. „Mussten Sie ihn um Erlaubnis bitten?“, fragt Julia Westlake unschuldig. Hildebrandt lacht. „Sogar um mehr als nur um Erlaubnis“. Wortmann macht sich einen Spaß daraus. „Die haben mich nach London eingeladen, mir das Hotel bezahlt und mich Billy Elliot schauen lassen. Am nächsten Tag bin ich nochmal reingegangen, da habe ich aber selbst bezahlt.“ So verdanken wir einem tanzenden Jungen also das „Wunder von Bern“.

Umgesetzt wird es von einem durch und durch deutschen Team. Regisseur Gil Mehmert  arbeitet gemeinsam mit Komponist Martin Lingnau und Texter Frank Ramond daran, eben keine singenden Fußballer zu zeigen, sondern das ergreifende Zueinanderfinden eines Sohnes mit seinem Vater, der aus Kriegsgefangenschaft zurückkehrt. Tragende Elemente sind dabei natürlich der Ruhrpottakzent und Musik, „die vom Bauch ins Herz will“. Eine Kostprobe gibt es gleich im Anschluss. Fünf Songs des neuen Stücks zeigen die Linie auf, auf der sich die Geschichte bewegt.

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Geworkshopt wurde schon. Erste Darsteller präsentieren exklusiv einige Szenen.

Es ist der Wandel einer Familie, die durch den Krieg entfremdet zueinander finden muss. Sicher, selbst nach den ersten Einblicken bleiben Fragen offen. Wie wird denn nun das Fußballthema umgesetzt? Kann der Fokus auf die Familie den Sportaspekt ausreichend beiseite stellen, um nicht als Rocky-Konkurrenz zu fungieren? Und läuft dies wiederum nicht gegen das Gesamtkonzept des „Wunders von Bern“? Wir dürfen gespannt sein. Der Vorverkauf für den Anpfiff im November läuft bereits.
Uschi Neuss zumindest äußert sich auch nach dem offiziellen Ende der Konferenz optimistisch. „Die Geschichte gehört nicht nur ins Ruhrgebiet. Es ist ein deutscher Moment, der eigentlich alle anspricht.“ Diese Wirkung sei wichtig, um ein Statement zu setzen, wenn man sein eigenes Theater baut. Bezüglich der Gerüchte um Aladdin hat sie schließlich auch noch eine Überraschung auf Lager. „Das wussten die schon vor uns. Als die Berichte kamen, stand es noch gar nicht zur Debatte. Aber „Aladdin“ wird sicher irgendwann auch zu uns kommen.“

Wenn sich das Ruhrgebiet mit Savanne, Pariser Oper und irgendwann vielleicht sogar den Arabischen Nächten vereint – Das ist wohl nur in Hamburg möglich.

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