Der steinige Weg zum Sieg
Es war das Jahr 1976 als Silvester Stallone sich erstmals als Kultfigur Rocky Balboa über den Bildschirm kämpfte. 36 Jahre später folgte dann eine große Überraschung: Die Geschichte des erfolglosen Boxers, der durch einen Vorführkampf gegen Weltmeister Apollo Creed zum Helden Philadelphias wird, wird zum Musical! Am 18. November 2012 feierte es seine Weltpremiere im Hamburger TUI Operettenhaus und ist ab März 2014 auch am Broadway zu sehen. Doch die Show spaltet die Gemüter. Spektakulär sagen die einen, gewöhnungsbedürftig die anderen. Was ist der Grund für die Meinungsverschiedenheiten?
Ohne weiter auf den Inhalt einzugehen muss vorab gesagt werden: Wer den Film kennt, wird wenig Überraschungen erleben. Rocky muss sich im wahrsten Sinne des Wortes mit Gelegenheitsjobs durchschlagen, um über die Runden zu kommen. Als der große Rivale für einen Profiboxer ausfällt, bekommt er als Amateur die Möglichkeit, den Kampf seines Lebens auszutragen. Die beiden Versionen gleichen einander beinahe 1:1, die Dialoge inklusive Witzen wurden kaum abgeändert. Eigentlich kein Wunder, sind diese doch das Mittel, das dem relativ zurückhaltenden, sprachlich eher ungeschickten Rocky seinen Charme verleihen.
Allgemein gesprochen werden hier nicht nur die verschiedenen Seiten eines Sportlers, sondern auch die einer großen Liebe geschildert. Mauerblümchen Adrian und Tunichtgut Balboa kennen sich seit ihrer Kindheit und finden im Erwachsenenalter zueinander. Durch die gegenseitige Unterstützung entwickeln sich die beiden Charaktere zusehends – ein Umstand, der als äußerst positiv anzusehen ist.
Doch wie bereits angedeutet gibt es zwei Seiten der Medaille: Das Musical muss als Gesamtwerk auf mehreren Ebenen betrachtet werden.
Die Musik ist, wie der Name schon sagt, in solcherlei Stücken das Hauptelement. Daher sollte sie umso überzeugender sein. Dies ist wohl der größte Mangel in dem von Silvester Stallones mitproduzierten Stück. Die Texte des Rocky-Musicals erinnern eher an eine Episode aus Ritter Rost als an ein Stage-Musical. Die meisten Lieder werden weder den tollen Stimmen, noch der gesamten Aufführung gerecht. Mal zu schrill, mal zu lang, mal einfach langweilig. Dass die Nase noch hält, kann man einfach nicht wirklich ernst nehmen. Der Kulthit Eye of the tiger und die tolle Stimme von Hauptdarstellerin Wietske van Tongeren rettet den Soundtrack auf einige wenige Glanzmomente.
Zum Glück gibt es noch andere Merkmale, die die Gesamtbetrachtung weiter nach vorn bringen können. Denn im Gegensatz zur Musik ist die Visualisierung auf der Bühne atemberaubend. Die Choreographien sind bis ins kleinste Detail geplant und aufwendig umgesetzt, sogar Wetterumschwünge müssen nicht auf Effekte verzichten. Die Hauptdarsteller Drew Sarich und Wietske van Tongeren, bereits im Musical Rudolf als Paar zu sehen gewesen, passen wunderbar in die Rolle der Hauptpersonen. Somit stehen Kindertexte einem wunderbaren Bühnenbild gegenüber.
Rocky kann insgesamt leider nicht uneingeschränkt weiterempfohlen werden. Bewunderer der Rocky-Filme werden auf ihre Kosten kommen, genauso wie eingefleischte Musicalfans. Auch, wenn es dieses Mal nicht unbedingt zu einem CD-Kauf kommt.