Die Wölfe im Kirchengewand
Mit Powerwolf ist das so eine Sache: Entweder man liebt sie oder man bekommt einen Kulturschock, wenn die ersten sakralen Hymnen erklingen. Denn die Jungs aus Saarbrücken haben es sich zur Aufgabe gemacht, das Werwolf-Klischee filmreif auf die Bühne zu bringen. Als Wolves of Armenia halten sie regelmäßig ihre Metal-Messen ab und verleiten mit ihren Songs einfach zum Mitgrölen – wenn man sich denn mit Orgel, lateinischen Phrasen und einer Bühne im Kirchenlook anfreunden kann.
Um einen ersten Eindruck aus der ausverkauften Großen Freiheit zu geben: Ja, hier hatten wir es mit einer Menge feuriger Fans zu tun.

„Seid ihr besessen vom Heavy Metal?“ Wenn Sänger Attila Dorn diesen Satz ruft, schnellen die Hände der Fans nach oben und manch einer tobt, als müsste man tatsächlich einen Exorzismus einleiten. Trotz des düsteren Spaßes, den die 2003 gegründete Band aus Saarbrücken verbreitet, würde vermutlich nicht jeder so weit gehen, von Besessenheit zu sprechen. Aber ein bisschen süchtig wird man schon nach den mitreißenden Auftritten, die auch vor der Bühne einfach Spaß machen.
Nachdem zuerst Xandria und Orden Ogan für angemessenes Vorglühen sorgten, traten die Wölfe pünktlich um 20:20 an die geschmückten Instrumente. Schließlich war von Anfang an klar, dass um 22 Uhr Schluss sein würde, um einer anderen Veranstaltung Platz zu machen. Doch das trübt die Stimmung selbstverständlich nicht – nicht bei Powerwolf. Mit dem Opener des aktuellen Albums „Blessed & Possessed“ ging es mitten in die Wolfswelt. Sänger Attila Dorn war gut bei Stimme und nicht nur er zeigte sich begeistert von der Masse an Menschen, die die Große Freiheit gestürmt hatten. Die Gebrüder Greywolf schüttelten gelegentlich mit einem seligen Grinsen ihre wilden Mähnen, während sie die Blicke über die Menge schweifen ließen. Die Anhänger standen bis in den Vorraum. 1800 Menschen sind eben schon eine Nummer – und sie sorgten für bombastische Stimmung! Denn spätestens bei der Angriffshymne „Amen and Attack“ konnte niemand mehr stillstehen. Und man kann schon mit einem Schmunzeln dazu sagen, dass es gerade mal das dritte Lied war.
Den Abend hindurch erhielten die Fans einen guten Mix aus Alt und Neu, munter herausgesucht aus den bisher sechs veröffentlichten Alben. Und wie in so einer Messe üblich, widmeten wir uns natürlich auch gewissen Ritualen. Pater Attila erteilte seinen schwarzbekleideten Jüngern mit rollendem Akzent die Metal-Segnung und lieferte sich das obligatorische Hey-Battle mir Organist Falk Maria Schlegel. Die Passion, mit der Band und Zuschauer dabei sind, ist jedes Mal wieder ein Erlebnis. Wichtig ist nur, bei jedem Hey das Bier gut festzuhalten.
Die Werwolf-Maskerade mag nicht jedem Power Metaler zusagen. Das Augenzwinkern, mit dem die Band sich und ihre Musik begreift, ist aber definitiv charmant. Die fünf Wölfe haben sich ein Gesamtkunstwerk errichtet, das immer einen Besuch wert ist. Ob auf Festivals oder in ausverkauften Locations. Wir freuen uns schon auf die nächste Metal-Messe.
Das nächste Hamburger Powerwolf-Konzert findet am 31.01.2017 im Mehr!Theater statt
Pingback: Hamburg Konzerte im Januar 2017 – backstagereport
Pingback: Festivalsaison 2016 – backstagereport