Mark Jansen, Epica

Von Traum zu Traum – Eine epische Reise

Die Erfolgsgeschichte der niederländischen Symphonic-Metalband Epica startete im Jahr 2003: Mit der Veröffentlichung ihres ersten Albums „The Phantom Agony“ ging es im eigenen Land bereits in die Top 10, nachgelegt wurde mit „The Divine Conspiracy“ 2007, als die sechs Eifrigen erstmals auch in die deutschen Charts einzogen. Seit dem 2. Mai gibt es nun das neue Werk auf die Ohren. Wie gewohnt entführt die Band ihre Zuhörer auch mit „The Quantum Enigma“ in fantastische Klangwelten, getragen von durchdachter Dramaturgie und einer hervorragenden Sopranstimme.

Gitarrist und Bandbegründer Mark Jansen hat sich neben der laufenden Tour Zeit genommen, einige Fragen zu beantworten. Natürlich geht es um das neue Album, die aktuellen Live-Auftritte, aber auch um Prioritäten und die Frage, warum das deutsche Publikum so schwer zu erobern ist. Ein Ausflug in die Reise von Epica.

Epica press picture 2 by Tim Tronckoe

Mark, ihr seid gerade auf eurer nächsten Welttour unterwegs. Dem voran steht natürlich euer neues Album „The Quantum Enigma“. Ich möchte jetzt mit meinem ersten persönlichen Eindruck von euch starten: Ich habe Jahre zuvor das offizielle Video zu „Unleashed“ gesehen und dachte einfach: Wow. Die haben ja eine unglaubliche Sängerin, eine tolle Band und machen dann auch noch solche Videos! Über die muss ich mehr wissen. Und dazu gehört natürlich auch die Bandgeschichte. Wo liegen eure Anfänge?

Das Video zu „Unleashed“ haben wir sogar in Deutschland gedreht, also ein guter Job von den deutschen Beteiligten (lacht). Doch die Frage war ja, wie wir begonnen haben. Das ist jetzt 12 Jahre her. Vorher gehörte ich sieben Jahre lang zur Band After Forever, war sogar einer der Gründer. Aber nach all dieser Zeit hat es einfach nicht mehr funktioniert. Wir haben uns aufgelöst und so konnte ich meine eigene Band Epica gründen. Zuerst haben wir bei der gleichen Plattenfirma unterzeichnet, bei der auch After Forever den Vertrag hatte, sind dann aber nach zwei Alben zu Nuclear Blast gewechselt. Für mich war damit ein Kindheitstraum wahrgeworden! Ich habe immer Bands gehört, die zu Nuclear Blast gehörten, und natürlich wollte ich auch immer dorthin. Daher war es, als hätte ich mein persönliches Ziel erreicht. Im Grunde war es aber nur der erste Schritt, um sich langsam weiterzuentwickeln. Seitdem haben wir eine Menge Touren gespielt, weitere vier Alben und mit „The Retrospect“ auch eine DVD veröffentlicht. Und was soll ich noch sagen? Es ist bis hierhin eine interessante Reise.

Was ist wichtig für dich, wenn du an einem neuen Album arbeitest? Was war zum Beispiel das Ziel bei eurer neuesten Platte?

Als wir „The Retrospect“ als Rückblick auf die ersten zehn Jahre beendet hatten, haben wir uns zusammengesetzt und überlegt, was wir tun könnten, um uns auf die nächsten zehn Jahre vorzubereiten. Wir hatten Gedanken von einer kleinen Erholungspause bis hin zu den Versuchen, Epica auf das nächste Level zu bringen. Dafür mussten wir viele, auch einige schwere Entscheidungen treffen. Wie etwa, mit einem neuen Produzenten zu arbeiten. Unsere bisherige Zusammenarbeit mit Sascha Paeth war großartig, er ist ein fabelhafter Produzent. Aber nach fünf Alben gab es auch den Wunsch, sich zu verändern. Es sollte uns einfach aufwecken, uns aus der gewohnten Wohlfühlzone herausholen. Und wir sind aufgewacht. Wir haben angefangen, wieder mehr im Team zu arbeiten. Es gibt jetzt viel mehr Feintuning, außerdem haben wir sehr am Sound gearbeitet, um den besten Klang für Epica zu finden. Auf diesem Wege bleiben wir am Ball und können uns gleichzeitig erholen. Ich glaube, das ist sowohl für uns als auch für die Fans sehr gut. Es wäre doch langweilig, wenn wir dasselbe Album zweimal machen. Wir wollen uns weiterentwickeln, ohne den Epica-Sound zu verlieren.

Ihr seid also durch eine Menge Veränderungen gegangen. Was würdest du denn als das herausragendste Merkmal eures neuen Werkes bezeichnen?

Uh, es ist schwer da nur eine Sache zu erwähnen… Kurz gesagt: Es ist die Einheit. Es fühlt sich an wie ein Ganzes, ein Album, nicht wie zusammengewürfelte Songs. Die Stücke gehören zusammen und deswegen würde ich sagen, dass die Einheit das Besondere ist.

Ich habe vor unserem Interview gelesen, dass es in einer deutschen Album-Rezension als ein „Feuerwerk“ bezeichnet wurde. Wie findest du das?

(Lacht) Ja, jeder hat seinen ganz eigenen Blick auf das, was er hört. Und ich finde es sehr positiv, wenn sowas über uns geschrieben wird. Es ist sehr symphonisch, es passiert viel und ich kann es nur aus meinem Blick interpretieren: Solange es ein gutes Feuerwerk ist, das ich sehe, genieße ich es auch. Hier wird auf sehr nettem Wege gesagt, dass man interessanten und guten Stoff vor sich hat.

Und jetzt seid ihr also auf großer Welttournee. Im Januar werdet ihr auch Hamburg und den Rest Deutschlands besuchen. Was denkst du über euer deutsches Publikum?

Ich liebe die Deutschen. Sie sind uns sehr loyal. Ich gebe zu, es dauerte eine Weile, Deutschland  davon zu überzeugen, dass wir eine coole Band sind. Bei den ersten Clubshows war es nicht allzu gut besucht, aber das hat uns auch motiviert, wiederzukommen und es weiter zu versuchen. Als dann der Schritt zu Nuclear Blast kam, haben sich einige Dinge geändert. Irgendwie haben wir mit den letzten beiden Alben einfach abgehoben. Wenn wir jetzt spielen, ist es wirklich voll und die Leute gehen mit. Ich kann nur anderen Bands raten: Gebt niemals auf. Wenn ihr wirklich an eure Musik glaubt, müsst ich weiter versuchen und weiterarbeiten, denn irgendwann wird sich die ganze harte Arbeit auszahlen. Genauso ist es uns in Deutschland ergangen. Und darüber sind wir sehr froh, denn es gibt so viele Bands, die in Deutschland touren und sich einen Namen machen wollen. Es ist eine echte Aufgabe, aber ich freue mich, dass das deutsche Publikum angefangen hat, uns zu lieben.

Ich habe auf Facebook gesehen, dass ihr eine kleine Festivalumfrage gestartet habt. Nach euren Auftritten in diesem Jahr wolltet ihr wissen, wo euch eure Fans im nächsten Jahr am liebsten sehen wollen. Sehr viele schlugen dabei das Wacken Open Air vor, ein deutsches Festival also. Was sagst du dazu?

Ich finde, das ist eine super Idee! Wirklich, lass uns sehen, was daraus wird.

Neben diesen Plänen bist du ja als aktiver Musiker noch in einer anderen Band involviert, wie ich gestern gelesen habe. 

Ja, ich habe zusätzlich noch MaYaN. Sie hat zwar auch symphonische Elemente, aber auch viele aus dem Death oder Progressive Metal Bereich. Es war von Anfang an als Nebenprojekt angedacht, um einfach ein paar Dinge zu verwirklichen, die ich mit Epica nicht machen kann. Manchmal ist es einfach schön, in einer anderen Umgebung zu arbeiten. Denn wenn man immer nur dasselbe tut, kann es nach einiger Zeit langweilig werden. Es ist, wie ich schon vorher sagte: Die Erholung ist sehr wichtig. Und auf diese Weise, kann ich mich erholen, indem ich manchmal komplett andere Sachen mache. Auch auf der Bühne übernehme ich bei MaYaN nur die Grunts und kann die Gitarre beiseite legen. Es ist schön, ein wenig Variation zu beobachten. Aber ich muss sagen: Epica hat die höhere Priorität. Wenn dann neben einer Tour oder Vorbereitungen ein wenig Zeit ist, dann können wir etwas mit MaYaN machen.

Wenn man so etwas hört, fragt man sich unweigerlich, wie ein Musiker diese zwei Welten vereinen kann. Die Problematik konnten wir erst in diesem Jahr an deiner früheren Bandpartnerin Floor Jansen beobachten: Sie ist die neue Sängerin von Nightwish geworden. Ich sehe sie zwar wirklich gern in dieser neuen Position, aber dafür musste sie auch eine vorläufige Pause mit ihrer Band Revamp einlegen. Wie schaffst du es also?

Das ist nur möglich, wenn du eine der Bands zu deiner Priorität machst. Es können nicht beide die volle Aufmerksamkeit bekommen, deswegen ist es auch gut und wichtig, dass ich gewisse Abmachungen mit den Mitgliedern meiner Bands gemacht habe. Es darf keine Missverständnisse geben. Natürlich würden die gern mehr Shows machen, aber im Moment ist das nicht möglich. Dennoch läuft es gut, auch wenn es manchmal wirklich schwierig ist. So haben wir zum Beispiel parallel mit jeder Band an einem Album gearbeitet. Das war sehr zeitraubend und kräftezehrend. In der Zukunft werde ich das sicher anders machen, denn nach der Fertigstellung war ich einfach nur noch müde. Wenn ich ein Album mache, stecke ich meine gesamte Energie hinein. Bei zweien heißt das doppelte Energie, und der Körper hat leider nur eine bestimmte Menge, die er geben kann. Floor hat diese Problematik nun schon miterlebt. Dennoch ist es nicht unmöglich, es zu schaffen. Es gibt genug positive Dinge, an denen man sich aufrichten kann, wenn es mal kritisch wird. So können wir mit MaYaN zwar nicht touren, unser Album hat dafür aber sehr gute Kritiken bekommen. Und wenn wir dann live spielen, ist es einfach eine große Party. Ich bin zufrieden, wie es läuft, auch wenn ich für die Zukunft noch keine Vorhersage machen kann.

Ihr scheint generell sehr viel Spaß auf Konzerten zu haben. Bezüglich Epica habe ich da noch eine andere Facebook-Entdeckung gemacht. Ihr habt es zur Tradition gemacht, regelmäßig Fotos von euch und eurem Publikum zu posten. Das ist ja schon fast eine Art Kult geworden, denn viele Bands nutzen dieses Mittel als schöne Erinnerung. Ist das auch eine Idee des Managements oder seid ihr selbst auf die Idee gekommen?

Stimmt, viele Bands machen das heutzutage, aber wir sind schon viele Jahre dabei. Epica wollte schon immer nah am Publikum sein. Wir geben viele Autogrammstunden, veranstalten Meet&Greets und dadurch haben wir auch eine gute Verbindung zum Publikum. Als dieser Hype aufkam, alle Fotos mit dem Publikum zu posten, haben wir sofort mitgemacht. Die Leute mögen es, weil sie sich selbst wiederfinden können, sie fangen dann gleich an, sich zu verlinken. Dadurch werden die Bilder lebendig. Solange unser Publikum diesen Spaß mit uns mitmachen will, werden wir die Bilder hochladen. Für uns ist es vor allem cool, weil wir eine Erinnerung an all die Orte haben, an denen wir gespielt haben. Ohne sie würde man nach einiger Zeit Einzelheiten vergessen, so weiß man auch nach Jahren noch, wie die Show war und wie alles ausgesehen hat.

Ihr habt also ein ziemlich großes Fotoalbum.

Zumindest online. Wenn irgendwann mal das Internet nicht mehr funktioniert, haben wir ein Problem.

Von „The Quantum Enigma“ gab es auch eine Special-Edition, auf der vier Songs als Akustik-Versionen. Warum plant ihr nicht mal ein komplettes Akustik-Album? Das wäre sicher eine super Sache!

Ja, wir denken tatsächlich schon sechs oder sieben Jahre darüber nach. Aber wir warten einfach auf den richtigen Moment dafür. Es kann sein, dass wir noch im nächsten Jahr damit loslegen, vielleicht auch erst nach dem nächsten Album. Aber sowas werden wir auf jeden Fall noch machen! Wir haben schon lange den Traum, ein Akustik-Album zu machen. Dafür werden wir die ausgewählten Stücke dem akustischen Klang anpassen. Nicht einfach den gleichen Song akustisch einspielen, das wäre zu einfach. Die Lieder sollen einen besonderen Touch bekommen. Ja, ich denke mit den jetzigen Bandmitgliedern funktioniert es sehr gut. Wir können auch mal experimentieren. Dadurch erzielt man manchmal echt interessante Ergebnisse. Ein Song kann durch die kleinsten Mittel zu einem ganz anderen werden. Und hoffentlich können wir die Idee so schnell wie möglich umsetzen.

Vielen Dank, dann sind wir auch schon am Ende angekommen. Ich finde, ihr habt ein wirklich schönes Album kreiert. Viel Spaß auf eurer Tour, ich freue mich auf euren Auftritt in Hamburg und vielleicht sieht man sich ja tatsächlich auf dem WOA 2015.

Ja, bis dann! Auf jeden Fall in Hamburg, vielleicht auch auf dem Wacken Open Air.

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