Insomnium am 20. Januar im Gruenspan

Die Melodie auf Abwegen

Das Gruenspan war gut gefüllt, als Insomnium zum Hamburg-Konzert ihrer Winter’s Gate-Tour riefen. Unterstützt von Wolfheart und Barren Earth gab es zum Finale des Wochenendes einen Abend voll finnischer Klänge. Auch wenn die Location im Gegensatz zu anderen Terminen nicht ganz ausverkauft war, war die Stimmung ausgelassen. Und das, obwohl soundtechnisch nicht alles rund lief.

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Viele finnische Metal-Bands haben ein Händchen für Melodien – auch Insomnium gehören definitiv dazu. In skandinavischer Rocker-Tradition folgten sie bereits mit ihrem ersten Album In the Halls of Awaiting (2002) großen Acts wie At the Gates und In Flames nach, indem sie den Gesang des klassischen Death Metal, der gewohnheitsmäßig aus aggressiveren Elementen wie Shouts, Growls und Screams besteht, mit harmonischen Klängen vermengten. Meist eher düster und melancholisch, wie es viele von den Finnen aus den dunklen Landen erwarten, gleichzeitig aber auch träumerisch und manchmal nahezu brachial – wer mit Melodien spielen kann, schafft viele Facetten.
Einen solchen Mix präsentierten sie auch auf ihrer Tour zum Konzeptwerk Winter’s Gate. Mit der Ankündigung, dieses bei den Auftritten komplett zu spielen, sorgte das Quartett schon vorab für Aufmerksamkeit. Immerhin besteht das Album aus einem einzigen fortlaufenden Song, der die Geschichte einiger Wikinger auf Goldsuche erzählt. Was erst einmal unkonventionell klingt, kam auf Platte auf jeden Fall gut an. Seit dem Beginn der Zusammenarbeit mit dem deutschen Label Century Media für One for Sorrow 2011 finden sich die Mannen um Sänger und Mitbegründer Niilo Sevänen in den deutschen Charts wieder. Das neue Album brachte sie hierzulande auf Platz 19 – in der Heimat sogar auf den Spitzenplatz 1! Offenbar Grund genug, damit die eigene Headliner-Tour zu eröffnen.

img_5890Praktisch umgesetzt führte das allerdings zu einem eher milden Start. Nach der Vorarbeit der Support-Bands Wolfheart und Barren Earth, war die Menge bereit, der Wikingerreise beizuwohnen. Während die für ihre Live-Performance vielgelobten Wolfheart mit hohem Tempo als Eisbrecher fungierten, stimmten Barren Earth zurückhaltender auf den Hauptact ein. Dieser Übergang gelang, vor allem weil das im Vergleich zu alten Titeln deutlich ruhigere Winter’s Gate live teilweise ein wenig dahinplätscherte. Die Band stand während der Performance fast vollkommen im Dunklen, zusätzlich eingehüllt von dichten Nebelschwaden. Sie spielte ihren Song mit Überlänge zwar solide, doch auch wenn Nordlichter (Hamburger kennen dieses Vorurteil) nicht unbedingt für ihre warme Art bekannt sind, hätte ein wenig mehr Interaktion nicht geschadet. Zusätzlich hakte es auch bei der Abmischung des Sounds. Die Gitarrenmelodien gingen in einem Soundbrei aus Bass, Schlagzeug und Verzerrung nahezu unter. So ließ sich nur schwer die atmosphärische Dichte erzeugen, die das Genre ausmacht.

img_5887Mit dem Licht kam dann die Power. Part 2 des Konzerts wirkte im Anschluss impulsiver, auch wenn der Ton auch hier keine melodischen Phänomene erlaubte. Insomnium stellten für ihre Deutschlandstops einen guten Mix früherer Werke zusammen, der dem ein oder anderen Hanseaten bei einzelnen Songankündigungen freudige Ausrufe entlockte. Die Zugabe, bestehend aus Equivalence, Down with the Sun und Weighed Down with Sorrow, bildete den runden Abschluss eines etwa dreistündigen Konzertabends. Die Band taute nach der Show-Halbzeit merklich auf und präsentierte mit dem wiederholten Ausruf „Bittschön. Dankeschön.“ sogar noch ein paar Deutschkenntnisse.

An diesem Abend verließen eine Menge zufriedener Konzertbesucher das Gruenspan. Insomnium haben sich in den letzten Jahren zu einem nennenswerten Genrevertreter gemausert, dem bei seinem Hamburg-Konzert einige technische Widrigkeiten entgegenstanden. Melodic Death Metal ohne Melodie ist ein echter Wermutstropfen. Einen 40-minütigen, experimentellen Song an den Anfang der eigenen Show zu setzen, zeugt außerdem von echter Risikobereitschaft. Insgesamt haben die vier Finnen eine ordentliche Show abgeliefert, deren Tristesse sich durch einen ausgewogeneren Mix der beiden Konzerthälften besser hätte streuen lassen. Das gutgelaunte Publikum und seine Freude über das Live-Erlebnis sprachen aber für sich. Das Dankeschön können wir zurückgeben. Auch wenn wir uns nächstes Mal gern über mehr Klangstärke freuen würden.

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